Mediziner zeigen „e-card“ Rote Karte
13.08.2011

Mediziner zeigen „e-card“ Rote Karte


Von: Mittelbayerische, Udo Metterlein

Das Ärztenetz Neumarkt schließt sich einer bundesweiten Initiative an. Ihr Ziel: Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zu stoppen.

Die Bundesregierung hat im Herbst 2010 im gesetzlichen Krankenkassen- Finanzierungsgesetz den Beschluss verankert, eine „elektronische Gesundheitskarte“, kurz: e-card, einzuführen. Die 118 Mitglieder des Neumarkter Ärztenetzes unter Vorsitz von Dr. Klaus Kubitschek reihen sich in eine wachsende Phalanx von Gegnern dieses Projektes ein und schließen sich der bundesweiten Initiative „Stoppt die e-card“ an.
„Wir hoffen auf eine breite Unterstützung seitens aller Versicherten, um das Projekt schnell stoppen zu können“, sagt Dr. Kubitschek, der zusammen mit seinen Kollegen Dr. Christian Nunhofer und Dr. Joachim Feldner in die Offensive geht. Denn dass – wie von der Regierung prognostiziert – Einsparungen im Gesundheitswesen zu erwarten sind, glauben die Mediziner nicht. „ImGegenteil: allein in diesem Jahr müssen die Krankenkassen rund 240 Millionen Euro in das Kartenprojekt investieren. Einzig wirklicher Nutznießer sind unserer Meinung nach jene Firmen, die die e-card, die Lesegeräte und das vernetzte Computersystem herstellen und betreiben“, sagt Dr. Nunhofer.
„Gläserne Ärzte, gläserne Patienten“: Dr. Feldner prognostiziert düstere Zukunftsaussichten. Auf dem Chip der mit einem Foto versehenen e-card würden „hochsensible Daten“ gespeichert, auf die seiner Überzeugung nach zu viele Leute viel zu leicht zugreifen können. Nicht nur 123 000 Kollegen und 65 000 Zahnärzte nebst Mitarbeitern, sondern auch 21 000 Apotheken, 2 200 Krankenhäuser, 169 Krankenkassen sowie 2000 Software- Firmen. Ein Missbrauch dieser elektronisch dokumentierten Diagnosen, Verordnungen oder Rezepte hätte fatale Folgen. „Oder glauben Sie, dass Sie noch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hätten, wenn potenzielle Arbeitgeber wüssten, dass Sie an Depressionen leiden?“
Klaus Kubitschek formuliert seine Bedenken bewusst provokativ. Versicherungen, Banken, Versandhäuser – die Liste möglicher Interessenten an e-card-Informationen ist lang. Datenskandale in jüngster Vergangenheit sorgen für ein ungutes Bauchgefühl. Das Prozedere im Handling des neuen Systems wird von den Ärzten als aufwändig und kompliziert bezeichnet. „Statt wie sonst ein Rezept flugs zu unterschreiben, muss ich umständlich einen Code in das Lesegerät eingeben. Vom Patienten wird verlangt, sich mit einer zehnstelligen Nummer einzuloggen – da habe ich nicht nur bei älteren, vielleicht sogar dementen Menschen arge Bedenken“, sagt er.
Das Einlesen von Patientendaten, das Erstellen „elektronischer Rezepte“ und sogenannter „Notfalldatensätze“ koste Zeit, die für die Behandlung fehle. Die Mediziner stehen mit ihrer harschen Kritik nicht allein. Nicht alle Entscheidungsträger bei Krankenkassen sind vom neuen System überzeugt. Fazit des Ärzte-Trios: „Wir hoffen, dass sich heftiger Widerstand regt und die Akzeptanz unserer „neecard“, die in allen Praxen aufliegen wird, schnell wächst.“

Die Ärzte in Neumarkt hoffen, die Einführung der e-card stoppen zu können

Dr. Nunhofer, Dr. Kubitschek und Dr. Feldner (von links, mit Praxis-Team).