Gesellschaft „verroht“ zunehmend
21.11.2011

Gesellschaft „verroht“ zunehmend


Von: Neumarkter Tagblatt, Udo Metterlein

Belastungen am Arbeitsplatz nehmen zu. Folgen sind häufig Depression und „Burnout“ – auch in Neumarkt.

NEUMARKT. DFB-Präsident Theo Zwanziger sprach von einem „ungeheuer hohem Druck“, dem die Schiedsrichter ausgesetzt sind. Nach der Antwort auf die Frage, warumsich Babak Rafati am Samstag die Pulsadern aufschnitt und sterben wollte, wird noch gesucht. Lautet die Diagnose wieder Burnout oder Depression? „Freilich schlimm“, sagt Dr. Christian Nunhofer als Facharzt. „Allerdings längst ein Thema, mit dem ich als Neurologe und Psychiater täglich konfrontiert werde“.
Selbst die friedliche und idyllische Kleinstadt Neumarkt sei keine Insel der Glückseligkeit. „Belastungen am Arbeitsplatz nehmen immer mehr zu“, sagt Nunhofer als Sprecher des Ärztenetzes Neumarkt. „Angestellte und Arbeiter berichten zunehmend über Schikanen von Vorgesetzten, die aus meiner Sicht nur als unmenschlich bezeichnet werden können.“
Zwei von dutzenden Beispielen aus seiner Praxis, die die zunehmende Verrohung in der Gesellschaft dokumentieren: eine Verwaltungs-Angestellte, die um acht Uhr morgens ihre Arbeit beginnt und von der verlangt wird, bis zum nächsten Morgen um sechs Uhr durchzumachen, um Organisationsprobleme zu bewältigen. Oder die Frau mit dem Halbtagsjob, die von ihrem Arbeitgeber an einen 200 Kilometer entfernten Ort versetzt wird, um sie zu einer Kündigung zu drängen. „Musterbeispiele für Skrupellosigkeit und Menschenverachtung“ – da nimmt Nunhofer kein Blatt vor den Mund.
Der sogenannte „Burnout“ ist für den Mediziner nichts anderes als eine Umschreibung für Überforderung. „Depressiv erkrankte Menschen stoßen an Belastungsgrenzen, eben weil sie unter Depressionen leiden“, sagt der Spezialist, der sich laufend weiterbildet.
Freilich gebe es Diagnosen für eine Depression, die durch äußere Umstände wie etwa einen Schicksalsschlag ausgelöst wird. Was Ursache und was Wirkung ist, lasse sich meist nicht auf Anhieb erkennen. Leicht oder mittelschwer Erkrankte könnten gut mit Medikamenten sowie durch ärztliche Gespräche behandelt werden. Psychotherapien seien ebenfalls ein wirksames „Instrument“. Allerdings warte ein gesetzlich versicherter Patient meist monatelang auf einen Ersttermin. „Ein riskantes Spiel“. Einmal mehr kommt Dr. Nunhofer nicht umhin, Kritik an den Folgen der Gesundheitsreformzu üben.
Das Risiko für eine zweite depressive Phase nach der Ersterkrankung liege bei 50, anschließend bei 90 Prozent. Fazit: „Schlecht behandelte depressiv erkrankte Menschen sterben im Schnitt zehn Jahre früher – vor allem an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Depressionen brechen dem Menschen im wahrsten Sinne des Wortes das Herz“!

Burnout ist nur ein Nervenleiden, mit dem sich Dr. Nunhofer beschäftigt.

Dr. Nunhofer ist in senier Praxis täglich mit "Burnout" und Depression konfrontiert.