Facialisparese / Gesichtslähmung
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Facialisparese / Gesichtslähmung

Bei der Facialisparese handelt es sich um eine (meist) halbseitige Lähmung der Gesichtsmuskulatur („facies“ lat. „das Gesicht“), die gar nicht so selten auftritt. Betroffen sind ca. 20 bis 30 von 100.000 Personen pro Jahr.

Zwei Unterformen kommen vor. Die Faustregel lautet: Weniger Lähmung ist gefährlicher!

  • Gesichtslähmungen, die durch Hirnschäden verursacht sind, z.B. durch einen Schlaganfall. Diese Lähmungen werden „zentrale Facialisparesen“ genannt. Bei diesen bleiben die Stirnbeweglichkeit und der Lidschluss des Auges ungestört, also ohne die geringste Schwäche erhalten. Gelähmt sind also nur die Wangen- und die Mundpartie. Die betroffenen Personen sollten sofort das nächste Krankenhaus aufsuchen.
  • Gesichtslähmungen, die durch eine Schädigung des Nervs, der die Gesichtsmuskulatur bewegt (N. facialis), verursacht sind. Diese Lähmungen heißen „periphere Facialisparesen“. Hier findet sich auch in leichten Fällen neben der Lähmung der Wangen- und Mundpartie zumindest eine leichte Schwäche der Stirnmuskulatur („Stirn fest hoch ziehen“) der betroffenen Seite und auch des Lidschlusses („Augen fest zukneifen“: bei Minimallähmungen bleiben die Wimpern deutlicher sichtbar als auf der Gegenseite).  Für diese Patienten empfiehlt sich die rasche Vorstellung beim Neurologen.

Warum sollten auch periphere Facialisparesen rasch neurologisch abgeklärt werden?

Grundsätzlich sind unterschiedliche Lähmungsursachen denkbar, die verschiedene Behandlungen benötigen. Je länger mit der Behandlung zugewartet wird, desto größer ist das Risiko, dass eine Restlähmung dauerhaft zurück bleibt.

Am häufigsten liegt eine entzündliche Schwellung des Nervs beim Durchtritt durch einen Knochenkanal im Schädelinneren vor, wobei dieser Knochenkanal dem Nerv keinen Platz für diese Schwellung lässt, so dass der Nerv gequetscht wird. Abschwellende  Medikamente sind notwendig.

Relativ oft stecken hinter der peripheren Gesichtslähmung aber auch Borrelieninfektionen. Hier ist der Nerv typischerweise gleich an seinem Austritt aus dem Hirnstamm, der Nervenwurzel, entzündet. Eine Antibiotikagabe gegen Borrelien ist unausweichlich.

Selten gibt es auch andere Ursachen wie zum Beispiel eine Zuckerkrankheit, Herpesvirus-Infektionen etc.

Vom körperlichen Untersuchungsbefund her lassen sich die verschiedenen Ursachen der peripheren Facialisparese nicht unterscheiden. Mit geschickten neurotechnischen Messungen jedoch kann man meist recht sicher erkennen, ob der Schädigungsort des Nerven im Knochenkanal oder an der Nervenwurzel liegt. Wenn sich bei diesen Untersuchungen der Verdacht auf eine Nervenwurzelschädigung ergibt, dann ist rasch eine ergänzende Nervenwasseruntersuchung (Liquorpunktion) auf Borreliose angezeigt – aber nur dann.

Diese neurotechnischen Messungen und auch die eventuell erforderliche Liquorpunktion lassen sich in meiner Praxis in Neumarkt zügig bewerkstelligen.

Davon abweichend hat es sich inzwischen eingebürgert, jeden Patienten mit einer Gesichtslähmung – ob zentral oder peripher – in eine neurologische Klinik einzuweisen und umgehend bei peripheren Facialisparesen eine Nervenwasserentnahme durchzuführen – eine meiner Meinung nach vorschnelle Vorgehensweise, obwohl mit der Liquorpunktion kein besonderes Risiko einhergeht. Aber auch überflüssige Liquorpunktionen sind nicht immer angenehm und sollten vermieden werden.